Spiritualität

Oh nee Spiritualität, voll Müsli, voll abgehoben und durchgeknallt. Die sind alle weltfremd, unproduktiv und Schmarotzer der Gesellschaft. So lautet die Meinung über spirituelle Menschen.
Es gibt auf diesem Planeten viele spirituelle Völker, sie leben mit Begriffen wie Göttlichkeit, Buddha, Karma und Erleuchtung. Für sie ist Spiritualität etwas Normales.

Was bedeutet Spiritualität?

Hinter Spiritualität steckt das Bedürfnis, hinter die Dinge zu blicken und dem Leben eine Bedeutung zu geben.
Spiritualität bedeutet, dass man bereit ist, sich zu verändern, hinzuschauen und zu erkennen, dass man sein Leben selbst gestaltet und nicht die Anderen schuld sind. Spiritualität bedeutet für mich, tiefer schauen zu wollen, dem Leben auf den Grund zu gehen, bereit zu sein sich zu verändern, loszulassen, auch schmerzliche Erkenntnisse zu erleben, falsch zu liegen, Fehler zuzugeben, ja zu sagen, sich zu verrennen und wieder von vorne zu beginnen. Es bedeutet, ein wahrer, authentischer und ehrlicher Mensch zu werden und vielleicht am Ende einem Irrtum aufgesessen zu sein. Nach all den Möglichkeiten und Umwegen anzukommen, das ist die größte Belohnung.

Spiritualität erwächst meist aus dem Gefühl heraus, dass das Leben eine Bedeutung hat, ein Sinn hinter den alltäglichen Konflikten steckt, dass es eine Lösung oder die Möglichkeit gibt, glücklich zu werden. Das Bedürfnis, sich zu verändern, wächst größtenteils aus einem Konflikt und einem unglücklichen Leben heraus.
Spiritualität bedeutet Aufmerksamkeit in allem, wie Gefühle, Körper, Natur und Mitmenschen. Es ist bis ins Detail die Achtung und Aufmerksamkeit für das Leben.

Worauf blicke ich am Ende meines Lebens?

Am Ende eines Lebens bin ich stolz auf meine Möbel, die niemand mehr schön findet, auf meine Kleidung, auf meine vielen Jahre Berufserfahrung, auf meine Kreditwürdigkeit, darauf dass ich mir alles kaufen konnte, auf meine Kinder, die nicht mehr mit mir sprechen, zumindest phasenweise nicht, auf meine unfallfreie Fahrweise, auf meine Rente und….

Oder bin ich stolz auf die Liebe, die ich gefühlt habe, auf meine Selbstzufriedenheit und den Ausgleich, den ich in mir gefunden habe, egal was außen passiert. Vielleicht auch auf meine innere Glückseligkeit und den Frieden in mir, auf meine innere Mitte, auf die schönen Begegnungen, die ich hatte und die gute Zeit in meinem Alleinsein. Oder auf eine erfüllte Kreativität, auf Lebendigkeit und ein authentisches Leben? Vielleicht auch darauf, dass ich neue Gedanken und Impulse in diese Welt gebracht habe.

Weine ich um die vielen verpassten Chancen, das zu tun, was ich wirklich tun wollte und das zu sagen, was ich wirklich sagen wollte, oder mich in mir gut zu fühlen und glücklich zu sein? Erlaube ich mir, Spaß zu haben und erfolgreich zu sein, mutig zu tun, was ich tun möchte?

Wofür entscheiden wir uns?

Viele denken, dass spirituelle Menschen auf Ihrem Weg Gefühle verleugnen und unterdrücken müssen. Ein wahrhaft spiritueller Mensch ist nie negativ, er ist immer zentriert und ausgeglichen, positiv und liebevoll.
Spiritualität beinhaltet auch Krisen und Schmerz. Das Leben ist alles, es ist ein sowohl als auch. Es bedeutet nicht, dass ich mich nur für bestimmte Zustände und Gefühle entscheide, ich bin, was ich bin.
Nein, so einfach ist es nicht, ab sofort „positiv zu sein“ funktioniert nicht.
Spiritualität bedeutet nicht, heilig zu sein.

Wie oft habe ich die Frage gehört, was Du bist noch unglücklich und was Du bist noch eifersüchtig? Das wäre wirklich einfach, spirituell zu werden und dann ist jedes belastende Gefühl weg. Ich bin ab jetzt spirituell und ein Geist kommt über mich und ich werde innerhalb einer Sekunde eine ganz andere Frau.
Leider nein!

Spiritualität und Gruppen

Viele verwechseln Spiritualität mit einem Gruppengefühl, einem Gemeinschaftsgefühl, Nähe, Anerkennung und Bestätigung. Wir glauben alle an das Gleiche, gehören zusammen und lieben uns deshalb. Wenn ich in einer Gemeinschaft bin, dann bin ich richtig. Die Masse irrt sich niemals.
Doch, sie kann sich irren!

Nein, Spiritualität kann Einsamkeit und das Gefühl von Getrenntsein bedeuten. Auf dem Weg, muss man alles loslassen, auch den Schmerz. Es darf alles gehen und es ist alles willkommen. Man muss bereit sein, alles aufzugeben und alles zu verändern. Man kann nie wissen, was einen erwartet, wenn man sich auf Spiritualität einlässt.
Der spirituelle Weg ist unserem westlichen Leben absolut entgegengesetzt.

Es gehört im Westen Mut dazu zu sagen, dass man spirituell ist.

Wir haben auf der einen Seite die Welt, die erwartet, dass wir Erfolge feiern und Familien gründen, konsumieren und bekannt werden. Unsere Werte werden vorgegeben, die da lauten, Schule, Studium, Familie, erfolgreicher Mensch, Kinder, Haus, Komfort, viel erreichen, flüssig durchs Leben, fit, kraftvoll, viel erreichen, immer höher und immer mehr. „Schau mal der ist Direktor, schau mal, der hat drei Autos“.
Nicht viele sagen: „Der hat noch nie etwas für den Planeten getan, noch nie auf Ausbeutung verzichtet, noch nie überlegt, wie er die Welt unterstützen kann, er hat sich noch nie für Bio interessiert, er hat sich noch nie hinterfragt, er hat noch nie sein Herz geöffnet, er hat sich noch nie gezeigt, er hat sein Leben lang seine inneren Bedürfnisse verdrängt, er war noch nie ehrlich zu sich und er hat seine Umwelt betrogen.
Er hat sich nie für seine inneren Beweggründe interessiert, ihm war es nur wichtig, Macht auszuüben“.

Nein, was zählt ist, er hat eine Jacht, ist berühmt, hat etwas erreicht, hat eine junge, schlanke und schöne Frau. Er war zwar ein Arsch…. aber mit Geld.
Er brachte Leistung, Erfolg und suchte ewige Gesundheit. Ein Mann ohne Schwächen, keine Durchhänger und kein Aussteiger.

Wie sieht diese Realität aus?

Bei diesem Lebensstil frage ich mich immer, wer lebt so, bei wem funktioniert das? Gibt es nicht hauptsächlich Scheidungen, Alleinerziehende, Krankheiten und auch Erfolglosigkeit. Das ist die Realität, wie ich sie sehe. Gezeigt wird uns ein Bilderbuch-Leben, welches wir unbedingt anstreben sollten, welches aber kaum jemand lebt oder erreicht.

Die andere Seite sind die Spinner, die etwas anderes suchen, wie einen tieferen Sinn und eine Bedeutung. Und manche sind vielleicht auch weltfremd, genauso realitätsfremd wie der erfolgsorientierte Mensch.

Ich bin mein Leben lang auf der Suche nach einem Sinn. Angefangen hat das in meiner Jugend, ich konnte mir nicht vorstellen, dass das Leben, welches ich kannte, wirklich alles sein sollte. Es war mir schlichtweg zu erdrückend, verklemmt, verboten und reduziert mit Angst, Scheu und Hemmungen. Irgendwie musste da noch mehr kommen. Ich zog nach Berlin und dort war die Welt weit, es war vieles möglich, eine eigene Kneipe aufmachen, Schauspielerin sein oder zum Theater gehen usw.

Das ist für mich Spiritualität, sie ist nicht begrenzt, sie ist weit und lebendig. Berlin hat mir diese Möglichkeiten gegeben, Weite zu erleben und Möglichkeiten zu haben, die ich in meiner kleinen Welt bisher nicht einmal für möglich gehalten hätte.

Habe ich ein Recht auf Spiritualität?

Ist es nicht das Recht eines jeden Menschen weit und lebendig zu sein, durch die äußere Weite habe ich erkannt, wie viel auch in mir möglich ist.
Es gibt einen Spruch eines Indianers, mein Körper könnt Ihr einsperren, aber nicht meinen Geist.

Spiritualität bedeutet für mich nicht, dass ich etwas anbete oder nur einen Teil des Lebens akzeptiere wie Zölibat oder Rohkost und dafür sehr viel ausklammere und ablehne. Nein, für mich ist es alles und die Möglichkeit das zu erleben und mich dann in all dem zu entscheiden. Spiritualität bedeutet nicht, dass mir ein heiliger Schein wächst. Spiritualität bedeutet, respektvoll und achtsam zu sein.
Für mich liegt der Punkt nicht darin, Spiritualität in verschiedenen Bereichen zu leben, sondern das „sogenannte Leben“ zu bereichern und zu verändern.

Das menschliche Leben darf mehr Inhalt und Wert erhalten. Spiritualität ist für mich Sinn, Wert, Freude, Liebe, Spaß und Nähe in das Leben zu bringen.
Es bedeutet nicht, Rituale oder Regeln zu befolgen. Das darf man, das wird abgelehnt, das wird erlaubt und das nicht, nein es geht um atmen und spüren.

Was braucht ein Mensch in seinem Leben wirklich?

Eine Anleitung, wie wir die Pubertät überstehen und wie wir Freundschaften schließen,
wie wir Emotionen ausdrücken und unsere Energie verändern können. Oder wie wir mit Menschen umgehen, wie wir unsere Gefühle zeigen, uns abgrenzen können. Wie kann ich mich jemandem gegenüber öffnen und wo liegen meine natürlichen Bedürfnisse und Grenzen?

Ich hätte gerne herausgefunden, wo ich als Mensch und Frau stehe und was mir wichtig ist. Es geht nicht um gleichmachen, jeder Mensch ist anders und hat andere Bedürfnisse und Grenzen. Wie unterstütze ich meine Mitmenschen und wie geht Empathie? Was bedeutet Liebe? Wie liebe ich wirklich?
Liebe bedeutet, den anderen zu fördern, zu unterstützen, seine und meine Grenzen zu sehen und die auch zu kommunizieren. Liebe bedeutet, ich freue mich, wenn Du glücklich bist und dein Potenzial lebst. Sinnvoll wäre auch der richtige Umgang mit der Natur, wie natürliches Bauen und Landwirtschaft.
Viele sagen „Spinner, weltfremd, das geht doch gar nicht“.

Wer sagt, dass die Struktur, die wir leben, die einzig richtige ist? Der einzig mögliche und richtige Weg?

In unserer Welt werden alle Menschen gleich gemacht. Alle müssen in eine Richtung laufen, durch Geld und den Faktor „immer teurer“ wird der Mensch immer unfreier. Wer kann es sich heutzutage erlauben, eine Auszeit zu nehmen. So gut wie niemand! Es muss unter dem Faktor Auslandsaufenthalt für mein Studium verbucht werden. Auszubrechen oder sich auszuprobieren, ist fast nicht mehr möglich.
Für mich ist Spiritualität gleichbedeutend mit „mein Leben hat einen Sinn, ich entwickle mich weiter“. Es bedeutet für mich nicht, keine Zeit mehr zu haben und nur noch damit beschäftigt zu sein, dass ich das Leben finanzieren kann.

Es bedeutet nicht, ein Leben in einem Job zu führen, in dem ich mich unwohl fühle, weil nur Mobbing und Druck herrschen und jeder seine Zeit damit verbringt, mehr schlecht als recht auf die Rente zu warten, in dem wir täglich neue Bedürfnisse durch Werbung entdecken, ich mich wie ein Konsumfaktor empfinde, der Job mich nicht weiter bringt ich keine Zeit mehr habe nachzudenken. Das ist für mich verschwendete Zeit. Das einzige Glücksgefühl stellt sich durchs Einkaufen ein und durch die neidvollen Blicke der Kollegen auf meine Urlaubsfotos.

Warum nutzen wir das Leben nicht, die Menschen, durch Selbsterforschung, Bewusstheit und Veränderung intelligenter zu machen.

Nein, man wird mit Dingen vollgestopft, die unnötig sind und allein dazu dienen, zu funktionieren und zu konsumieren. Ich möchte an der Stelle nicht über das verdummende Fernsehprogramm sprechen.
Viele Menschen geraten in einen Burn-out und erkranken psychisch und körperlich. Diese Menschen sind am Leben gescheitert. Das ist nicht meine Meinung. Niemand ist gescheitert!
Die sogenannte „normale“ Welt lehnt diese Sinnsuche als völliger Blödsinn ab. Wie sinnvoll ist dieses sogenannte normale Leben, in das jeder versucht hineinzupassen, weil es ja das Normale ist. Das, was alle machen und niemand anzweifelt.

Für mich ist Spiritualität nicht getrennt vom Leben, für mich ist es mein Geburtsrecht.

Spiritualität ist für mich Achtung vor dem Leben und der Existenz. Ich achte mich und ich achte Dich. Dazu gehört kein Mobbing, dazu gehört kein Krieg. Es ist mein Geburtsrecht, geachtet zu werden und alle um mich herum zu achten. Eine Welt, in der Krieg, sexueller Missbrauch und Gewalt stattfinden, hat mit meinem Geburtsrecht nichts zu tun. Es ist eine Entartung des Lebens, an der wir unbedingt etwas ändern sollten. Spiritualität ist für mich die Möglichkeit, meine Existenz in seiner besten und liebevollsten Form zu leben.

Es gibt die Meinung, dass Krisen oder Unwohl fühlen nicht zu einer spirituellen Welt gehören, das ist falsch. Wir alle entwickeln uns und wir alle machen Fehler. Jede Krise ist ein Aufruf zur Veränderung und es geht nicht um Bewertung, ich bin weiter oder höher, das ist der alte Weg. Es geht um das Wissen und die Lehre von der Einheit mit allem.

Mehr zum Thema Krisen in diesem Artikel: Krisen Möglichkeiten des Lebens

Die Welt könnte jetzt begreifen, dass wir aus dieser Negativität in ein helleres Leben gehen können, wenn wir umdenken, nicht mit einer neuen Leistungsgesellschaft, mit neuen Regeln und Vorschriften, sondern mit Wissen, Weisheit, ganz viel Liebe, Lebendigkeit und Emotionen.

Für mich hat Spiritualität auch nichts mit Dogmen zu tun, „das darf man und das darf man nicht“. Ein wirklich spiritueller Mensch nimmt das, was passiert, an und arbeitet damit, er umgeht nichts und versucht nichts zu verdrängen.
Spiritualität bedeutet nicht, dass etwas ausgegrenzt wird. Ich kann auch ein spiritueller Fußballfan sein. Nichts wird bewertet oder ausgegrenzt. Spiritualität ist offen und weit. Es gibt einige Richtungen, die Dinge ausgrenzen, für mich gehört alles dazu. Es gibt nur das Leben.
Spiritualität bedeutet für mich das Interesse an einem tieferen Sinn, an Wachstum und an meiner Möglichkeit, größer und heller zu werden, mich zu erweitern und dazuzulernen. Ich möchte zu meiner besten Version werden.

Wir sollten am Ende unseres Lebens lächeln.
Nett und interessant war es, ich habe viel gelernt und intensiv gelebt.
Das Leben ist so viel mehr.

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