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Mut und Vertrauen

Mut und Vertrauen in die eigenen Gefühle entwickeln

Vielen Menschen fällt es schwer, zuzugeben, wie es ihnen wirklich geht. Sie versuchen den Anschein zu erwecken, dass alles ok ist. Nichts fehlt und Sie kommen mit allem klar. Es gibt keine beschwerlichen Situationen oder Dinge, die man nicht bewältigen kann, es ist alles toll und super. Wenn Sie einmal über Schwächen sprechen, dann haben Sie diese gerade überstanden.

Ich kannte in meiner Kindheit eine Familie, in der alles wunderschön zu sein schien. Alles geputzt, gepflegt und friedfertig. Das war nur der äußere Schein. Es war schwierig für die Mitglieder dieser Familie, ein authentisches Leben zu führen. Jederzeit konnte der Putz bröckeln und die Fassade zusammenbrechen. Letztendlich bleibt dann nur ein, sich zu verstecken und verdrängen, oder der Mut, sich zu zeigen.

Sich verstecken und alles verdrängen

Oft kommt dieses sich Verstecken vielleicht aus dem angelernten Verbot, Fehler zu machen, nicht perfekt zu sein, oder aus der Angst, durch Eingeständnisse verletzlich zu sein. Wir kennen das auch aus der Tierwelt, man verheimlicht Verletzungen und Schmerzen, denn würde man diese zeigen, wäre man angreifbar.

Ich verstehe auch, dass man nicht über seine Schwächen sprechen möchte. Zum einen macht man sich damit schwach und zum anderen möchte auch niemand eine Heulsuse als Gesprächspartner. Und trotzdem fehlt mir eine gewisse Portion Ehrlichkeit. In Gesprächen bezieht man alles auf sich selbst. „Bei mir ist das nicht so, nein, das kenne ich nicht.“ Aber darum geht es meist auch nicht, es geht um das Problem oder das Erlebte des Erzählers. Immer wieder ist die einzige Reaktion eine „Bei mir und ich Antwort“, sodass beim Erzähler oft das Gefühl bleibt, ich wurde nicht gesehen und nicht wahrgenommen.

Die Schwäche oder das Problem des Anderen wird dazu benutzt, sich selbst unbeschadet dastehen zu lassen. Größtenteils sprechen viele Menschen erst Monate nach einem Problem überhaupt darüber, dass es ihnen nicht gut ging. Aber dann ist es größtenteils eh schon super gelöst worden, hat unglaublich viel ausgelöst und in Gang gebracht.

In dem Moment, wo das Problem existiert, wirst Du nichts darüber erfahren. Du kannst mit diesem Menschen auch kaum ein Problem besprechen. Probleme hat er nicht, kennt er nicht und zieht sich zurück, verschwindet, wenn er welche hat, und spricht meist nur darüber, wenn es vorbei ist.

Was Dir viel mehr bringt als Verleugnen

Jeder Mensch hat das Recht, sein Leben so zu gestalten, wie er will. Meine Erfahrung ist, dass ein Beschönigen oder Verleugnen eines Problems oder eines Gefühls nicht wirklich unterstützt. Ich habe einfach das Gefühl, dass jede Form von Verdrängung oder Verleugnung zu einem noch tieferen Problem führt. Denn eigentlich stehen wir nicht zu unseren Gefühlen und Bedürfnissen: Es fehlt uns der Mut und das Vertrauen in uns selbst.

Mein Gefühl und meine Erfahrung sind, was bringt mir das, wenn ich nicht zu meinen Gefühlen und Gedanken stehe? Außer einem guten Ansehen und vielleicht vorübergehend gestärktem Selbstwertgefühl verstärke ich durch mein Verheimlichen das Problem. Ich bin damit beschäftigt, es zu tarnen oder zu verstecken. Es wird meiner Meinung nach größer. Ich glaube auch, dass bei Menschen, bei denen es so aussieht, als ob sie immer gut gelaunt und sehr beliebt sind, in Wirklichkeit innerliche Einsamkeit herrscht. Man kann auch niemanden an sich heranlassen, es gibt immer die Gefahr, entdeckt oder enttarnt zu werden. Jemand könnte entdecken, dass man sich schwach fühlt oder diese und jene Probleme hat. Also geht man eigentlich auf Abstand. Vielleicht auch, um nicht verletzt zu werden, damit entfernt man sich immer mehr von Nähe und Vertrauen und verletzt sich dann auch selbst.

Manche Menschen verheimlichen auch Dinge, um nicht schlecht angesehen zu werden. Wenn herauskommt, dass man trinkt oder dass der Mann gewalttätig ist, wäre das eine Katastrophe. Man gibt auch nicht zu, dass man einsam ist, weil man mit dem Mann nichts mehr gemeinsam hat oder dass die Kinder ablehnend sind. Ich sage auch nicht, dass man alles ausbreiten und alles mit allen teilen soll. Das Wichtige ist die eigene Ehrlichkeit zu sich selbst.

Unsere tiefe Scham

Wir benutzen Notlügen oder Lügen, um nicht dumm dazustehen, vor Scham, weil wir es so gelernt haben.

Dabei sind Lügen keine Lösung. Ich lerne nichts, nichts löst sich, es wird nur weitergeschoben. Viele Menschen können auch nicht damit umgehen, wenn man ihnen die Wahrheit sagt. Manchmal sind Notlügen auch wichtig. Ich habe es schon selbst erlebt, dass ich mit meiner Wahrheit in eine miese Lage geraten bin: Anfeindungen, Mobbing etc. Menschen können mit der Wahrheit nicht umgehen. Es gibt viele Gründe, warum wir lügen: aus Angst vor Strafe, das haben wir als Kinder so gelernt, aus Angst vor der Wut oder der Gewalt des anderen.

Aber das sind alles keine guten Gründe. Es gibt kein Wachstum, wenn man lügt oder aus Angst vor Bestrafung und Erniedrigung nicht zu sich steht. Das sind alles keine Gründe, die uns weiterbringen. Sie lassen alles, wie es ist. Wichtiger ist es in diesen Momenten für uns, geschützt zu sein. Aber Schutz bringt keine Veränderungen, wir erreichen unsere wirklichen Ziele nicht.

Wenn wir zugeben, ein Problem zu haben, in dem wir gerade nicht weiterwissen, ist das keine Schwäche, wir machen uns dadurch auch nicht wirklich verletzlich. Nur wenn wir wirklich tief in uns glauben, dass wir klein und schwach sind, dann macht es uns angreifbar. Hinter dem Verdrängen und Verheimlichen steht auch oft der Glaube, dass wir kein Recht auf Gefühle und Bedürfnisse haben. Ein Gefühl der Wertlosigkeit, weshalb wir uns nicht vordrängen, sondern im Schatten halten.

Mut und Vertrauen in die eigenen Gefühle

Auch wenn wir vor anderen nicht zugeben wollen, ein Problem zu haben, ist es wichtig, zu sich selbst ehrlich zu sein. Etwas zu verbergen, was eigentlich nicht real ist, ist Zeitverschwendung. Warum ist es nicht real? Die Frage ist, wenn ich innerlich stabil bin und mich selbst als liebenswert und kraftvoll empfinde, bin ich stark genug, auch ein Problem ehrlich auszudrücken. Wenn ich innerlich instabil und angreifbar bin, dann fällt es mir schwer, diesen inneren Zustand auch noch zu zeigen.

Deshalb ist das Verbergen nicht real, denn wir sind nicht innerlich schwach oder instabil. Wir fühlen uns so, weil wir verstehen sollen, dass wir stabil und kraftvoll sein können. Niemand ist innerlich schwach. Schwach im Vergleich, wozu oder wem? Was ist Schwäche, wenn ich sage, das kann ich gerade nicht? Oder damit komme ich nicht klar? Wir sind alle mal stark und mal schwach, und je mehr wir uns annehmen, umso stärker werden wir. Wir haben keinen Grund, uns zu verstecken, nicht aus Angst, sondern nur, wenn wir es aus freien Stücken wollen.

Mut und Vertrauen, zu unseren Gefühlen und Empfindungen zu stehen, sind für unser Leben eine Bereicherung. So fühle ich und das ist mir wichtig!

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